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Spanien


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Gonzala Torquemada de la Hoz (2003): Modelle der erzieherischen Intervention im Jugendstrafvollzug Spaniens. [weiter]

Marcel Pi (2003): die Situation ausländischer Gefangener in Spanien. [weiter]

Beide Vorträge wurden auf der Tagung Quo Vadis III - Innovative Wege zur nachhaltigen Reintegration straffälliger Menschen - Reformmodelle in den EU-Staten - Potsdam, 9. und 10. Mai 2003, gehalten.

Roma-Frauen in spanischen Gefängnissen überrepräsentiert


Überhöhter Anteil von Romafrauen in spanischen Gefängnissen
25 % der weiblichen Häftlinge in den spanischen Gefängnissen sind Roma. Die in Madrid ansässige Vereinigung La Kalle hat in einem Projekt die Gründe für diesen hohen Anteil von Romafrauen, die einen wesentlich geringeren Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen, untersucht und Maßnahmen zur Förderung sozialer Gerechtigkeit eingeleitet.

In der spanischen Gesellschaft leiden die Roma tagtäglich unter einer schon lange bestehenden Diskriminierung und negativen Vorurteilen. Da ihnen der Zugang zu angemessenen Arbeitsplätzen, Wohnungen und Bildung verwehrt ist, sind sie von vielen Bereichen des kommunalen Lebens ausgeschlossen. Viele von ihnen müssen ihren Lebensunterhalt mit einem Viertel des spanischen Durchschnittseinkommens bestreiten. Roma-Frauen sind in dreifacher Hinsicht benachteiligt: sie sind weiblich, Roma und arm. Auch innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft wird ihnen durch eine starke patriarchalische Tradition Freiheit und Eigenständigkeit verwehrt.
In den 90er Jahren verachtfachte sich die Zahl der Frauen in spanischen Gefängnissen. In Spanien gibt es mehr weibliche Häftlinge (10 % aller Gefängnisinsassen) als in allen anderen europäischen Ländern. Innerhalb dieser Gruppe ist der Anteil der Romafrauen 20 Mal so hoch wie in anderen Gruppen der Gesellschaft.

Gesellschaftliche Gewalt
Diese beunruhigenden Zahlen veranlasste die in Madrid ansässige Vereinigung La Kalle 1998, das von Daphne unterstützte Projekt „Kriminalisierung und Inhaftierung von Romafrauen in Spanien“ („Barañi-Projekt“) als Teil eines Programms zur Bekämpfung gesellschaftlicher Gewalt gegen Frauen aus ethnischen Minderheiten zu starten. Um zu ermitteln, ob der überhöhte Anteil der Romafrauen an den Häftlingen ein Beweis für die Verletzung ihrer Menschenrechte ist, mussten die Projektmitarbeiter Informationen über inhaftierte Romafrauen zusammentragen. Sie führten Gespräche mit 290 Frauen in 12 Gefängnissen und befragten Häftlinge, Wärter, Polizisten, Rechtsanwälte, Richter und führende Romavertreter eingehend. Darüber hinaus nahmen sie Kontakt zu Romavereinigungen und Fachleuten im In- und Ausland auf.
Dabei stellte sich heraus, dass 60 % der Frauen wegen Drogenhandels, in der Regel in kleinem Maßstab, und die meisten anderen wegen Diebstahls oder Raub, oft ebenfalls in Verbindung mit Drogenmissbrauch, im Gefängnis waren. Bei 60 % handelte es sich um Wiederholungstäterinnen; 87 % waren in Untersuchungshaft. In der Studie wurde auch der Mangel an Rehabilitationsprogrammen speziell für Romafrauen hervorgehoben.

Die Forscher wiesen darauf hin, dass es aufgrund ungenügender Daten über Häftlinge im Allgemeinen und ethnische Gruppen im Besonderen sowie über Trends bei Gerichtsurteilen schwierig war, Schlussfolgerungen zu ziehen. Gleichwohl fanden sie Belege dafür, dass Romafrauen häufiger als andere Frauen ohne konkreten Anlass von Polizisten durchsucht werden, mit größerer Wahrscheinlichkeit vor Gericht gestellt, verurteilt und inhaftiert werden und seltener eine Alternative zur Haftstrafe erhalten oder bedingt entlassen werden. Im Rahmen des Projekts wurden auch der Sinn langer Haftstrafen ohne realistische
Rehabilitationsmaßnahmen und — zumal 87 % der befragten Frauen Mütter waren — der potenzielle Schaden für Kinder und Familien zur Diskussion gestellt.

Empfehlungen
Die Studie kam zu dem Schluss, dass die Inhaftierungsrate die Diskriminierung der Romafrauen in der spanischen Gesellschaft widerspiegelt. Mit Unterstützung eines weitverzweigten Expertennetzes wurden im Rahmen des Projekts umfassende Empfehlungen zu den Bereichen Beschäftigung, Wohnraum, Bildung, Drogen, Medien, Strafrecht und Gefängniswesen ausgearbeitet. Außerdem wurde die Schaffung einer Beobachtungsstelle für die Beteiligung von Zigeunern (Observatorio de Participación Gitana) zur Untersuchung von Diskriminierungsfällen, zur Förderung der Kultur der Roma und zur Ermutigung der Mitglieder der Gemeinschaft zur Beteiligung an allen Bereichen der Gesellschaft angeregt.
Weitere Vorschläge betrafen

* die allmähliche Abkehr von getrennten Romasiedlungen, die Umsiedlung von Familien und das Anbieten von Mediation und Sensibilisierungsmaßnahmen zur Förderung des harmonischen Zusammenlebens mit Nachbarn;
* die Aufnahme der Kultur und Geschichte der Roma in die Lehrpläne der Schulen
* die Unterstützung von Medien der Roma und die Einhaltung des von der Unión Romani veröffentlichten Ethikcodes durch Journalisten;
* die Untersuchung der Voreingenommenheit von Juristen; spezielle Schulungen für Rechtsanwälte und mehr Alternativen zu Haftstrafen wie die Mediation zwischen Opfern und Tätern;
* die Verbüßung der Haftstrafe durch Frauen in größerer Nähe zum Wohnort, die Vermittlung von Informationen über ihre Rechte und Unterstützung nach ihrer Entlassung.

Eingehendere Untersuchung
Mithilfe des Projekts wurde ein erheblicher Mangel an Wissen und Daten über das Leben der in Spanien lebenden Roma aufgezeigt. Fragen wie die Beziehungen zwischen den Geschlechtern in der Romagemeinschaft müssten den Projekt-Schlussfolgerungen nach viel eingehender untersucht werden. Die Projektarbeiten stießen auf breites Interesse und waren Gegenstand zahlreicher Berichte in den Medien. Die katholische Kirche in Spanien bot an, die Druckkosten für 2 000 Exemplare des Projektberichts zu übernehmen.
Nach Abschluss des Projekts stellte das spanische Ministerium für soziale Angelegenheiten Mittel für die Arbeit mit Romahäftlingen bereit; einige Richter zeigten Interesse an einer näheren Untersuchung des Themas Voreingenommenheit in den Strafverfolgungsbehörden. Die Projektkoordinatoren arbeiten an zwei Folgestudien mit, von denen sich eine, die von der Europäischen Kommission finanziert wird, mit bewährten Verfahren zur Bekämpfung der Diskriminierung der Roma beschäftigt.
Obwohl sich die La Kalle-Studie speziell auf Romafrauen in Spanien konzentrierte, steht außer Frage, dass der überhöhte Anteil ethnischer Minderheiten unter den Häftlingen ein europaweites Problem darstellt. Die von den Partnern aufgeworfenen Fragen und ihre Empfehlungen könnten zur breiteren Unterstützung von Romagemeinschaften in der
gesamten EU und schließlich auch in den mittel- und osteuropäischen Ländern, wo die Diskriminierung ein gravierendes Problem darstellt, eingesetzt werden. Ferner könnten die Erkenntnisse aus dem Projekt für andere mit dem Gesetz in Konflikt geratene, marginalisierte ethnische Gruppen adaptiert werden.

Projektbezeichnung: Kriminalisierung und Inhaftierung von Romafrauen in Spanien
Ref.: 98/119/WC
Ansprechpartner: Maria Naredo/ Daniel Wagman
Barañi-Gruppe, Asociación Cultural La Kalle,
Javier de Miguel 92,
E-28018 Madrid.
Tel.: + 34 91 527 7894/34 91 531 8904
Fax: + 34 91 380 2290
E-Mail: dwagman@gea21.com
Website: www.personales.jet.es/gea21


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